Archiv für die Kategorie: BVSK-Information

Nachweis von Steinschlagbeschädigungen am Fahrzeug

LG Coburg, Urteil vom 23.12.2014, AZ: 22 O 306/13

Hintergrund
Das Urteil des LG Coburg befasst sich mit der Beweislast im Rahmen einer Schadenersatzklage bei behaupteten Beschädigungen eines Fahrzeugs durch Steinschläge.

Im Fall des LG Coburg war der Kläger des Klageverfahrens mit seinem Fahrzeug auf einer Landstraße hinter einem mit Kies beladenen Lkw hergefahren. Nach den Behauptungen und Ausführungen des Klägers sind von der Ladefläche dieses Lkw Splitter und Steine herabgefallen und gegen die Frontpartie und das Dach seines Fahrzeugs geraten. Hierdurch soll es zu den behaupteten Beschädigungen gekommen sein.

Mit der Klage verlangt der Kläger von dem beklagten Halter und dessen Kfz-Haftpflichtversicherung Schadenersatz in Höhe der geschätzten Reparaturkosten, Nutzungsausfall und Kosten für einen vom Kläger beauftragten Kfz-Sachverständigen in Höhe von insgesamt ca. 7.000,00 €.

Im Kfz-Sachverständigengutachten hatte der Sachverständige am klägerischen Fahrzeug verschiedene ältere Steinschläge festgestellt, jedoch auch frische Beschädigungen durch Steinschläge.

Das LG Coburg vernahm mehrere Zeugen – unter anderem auch den privat außergerichtlich beauftragten Kfz-Sachverständigen. Des Weiteren ließ es die Ergebnisse von einem gerichtlichen Sachverständigen überprüfen.

Aussage
Nachdem sich im Verfahren und insbesondere nach den Ergebnissen des gerichtlich bestellten Sachverständigengutachtens herausgestellt hat, dass verschiedene vom außergerichtlich beauftragten Kfz-Sachverständigen am Fahrzeug des Klägers festgestellte Beschädigungen nicht von Steinschlägen herrühren, sondern andere Ursachen haben, sah es das LG Coburg nicht als erwiesen an, dass die behaupteten Steinschlagschäden ihrem Umfang nach dem geschilderten Ereignis zuzuordnen sind.

Hinzu kam, dass der vom Gericht beauftragte Sachverständige auch die übrigen Beschädigungen am klägerischen Fahrzeug nicht mit Sicherheit den behaupteten Steinschlägen zuordnen konnte.

Weitere Zweifel für das LG Coburg ergaben sich aus dem Umstand, dass der außergerichtlich vom Kläger beauftragte Kfz-Sachverständige den angeblich beschädigten Pkw erst 14 Tage nach dem Vorfall besichtigt hatte. Beide Sachverständige hatten im gerichtlichen Verfahren allerdings bestätigt, dass schon nach einem solchen Zeitrahmen das Alter eines Steinschlags kaum noch zu bestimmen ist.

Demgemäß kam es zu einer Klageabweisung durch das LG Coburg, da der Kläger einen Nachweis für die behaupteten Beschädigungen durch Steinschläge nicht zweifelsfrei erbringen konnte.

Praxis
Das Urteil des LG Coburg setzt sich mit dem Umfang der Nachweispflicht von Steinschlagschäden und der hieraus resultierenden Beweislast anschaulich auseinander und kommt aufgrund des vom Sachverständigen ermittelten Sachverhalts zu zutreffenden Ergebnissen. Aus dem Urteil wird deutlich und ist für die Praxis relevant, dass von Geschädigten behauptete Steinschlagschäden möglichst unverzüglich festgehalten und am besten von einem Kfz-Sachverständigen begutachtet werden sollten.

Vorschäden mit Schadensüberlagerungen – Reparaturbestätigung empfehlenswert

OLG Düsseldorf, Urteil vom 10.02.2015, AZ: I-1 U 32/14

Hintergrund
Das OLG Düsseldorf hatte als Berufungsinstanz über die Ersatzfähigkeit eines Haftpflichtschadens zu entscheiden, der an einem Bereich eines Fahrzeugs eingetreten war, an dem überlagernd zwei Vorschäden vorlagen, deren Instandsetzung ausschließlich durch Fotografien belegt, nicht jedoch durch einen Reparaturbestätigung nachgewiesen werden konnte.

Aussage
Das OLG Düsseldorf stellte klar:

„Ist ein unfallgeschädigtes Fahrzeug von massiven Vorschäden betroffen, die den geltend gemachten Schaden überlagen, muss der Kläger zur Begründung seines Ersatzbegehrens nicht nur den Umfang der Vorschäden im Einzelnen darlegen, sondern auch spezifiziert vortragen, welche Reparaturmaßnahmen in der Vergangenheit zur vollständigen und ordnungsgemäßen Beseitigung der Vorbeeinträchtigungen durchgeführt worden sind und ob eventuelle Reparaturmaßnahmen jeweils in Übereinstimmung mit den gutachterlichen Instandsetzungsvorgaben standen (…).“

Eine Schadenschätzung nach § 287 ZPO durch den Richter ist in diesen Fällen nicht möglich.

Der Kläger legte zur Bestätigung der Reparatur Fotografien vom äußeren Erscheinungsbild des Fahrzeugs vor. Dies genügte dem Gericht jedoch nicht:

„Sie ersetzen weder substantiierten Vortrag zu den im Einzelnen vorgenommenen Reparaturen, noch ergibt sich aus ihnen, dass die Reparaturen vollständig und insbesondere fachgerecht ausgeführt worden sind. Allein aus dem Umstand, dass sich der Wagen auf den Lichtbildern in einem – jedenfalls für einen Laien – optisch einwandfreiem Zustand präsentiert, lässt nicht den Schluss zu, dass die Vorschäden auch tatsächlich vollständig und insbesondere fachgerecht beseitigt worden sind. Ein lediglich optisch einwandfreier Zustand lässt sich nämlich auch ohne eine vollständige und fachgerechte Reparatur mit einfachen Mitteln kostengünstig herstellen. … Der Umstand, dass den Haftpflichtversicherungen die Fotos im Rahmen der Erstattung von Nutzungsausfallentschädigung zum Beleg der jeweils durchgeführten Reparatur ausgereicht haben, führt zu keinem anderen Ergebnis. Zum einen ist das Gericht an die Bewertung der Haftpflichtversicherungen nicht gebunden. Zum anderen dient der Reparaturnachweis zur Geltendmachung von Nutzungsausfall der Darlegung des fortbestehenden Nutzungsinteresses des Geschädigten. Dabei kommt es – anders als hier – nicht entscheidend darauf an, ob die Schäden vollständig und fachgerecht beseitigt worden sind oder nicht.“

Letztlich ergaben sich aus den Schadengutachten auch keine weiteren Hinweise auf fachgerechte Reparaturen, da jeweils vom Geschädigten keine Angaben zu repartierten Vorschäden gemacht wurden.

Praxis

Anhand dieser Entscheidung zeigt es sich, dass einerseits die Angaben zu – reparierten – Vorschäden als auch Reparaturnachweise über die fachgerechte Instandsetzung von Schäden/Vorschäden für spätere Schäden von großer Bedeutung sind, da anderenfalls eine Schadenbezifferung bei einem späteren, den Vorschaden überlagernden Schaden nicht nachgewiesen werden kann.

Wie das OLG Düsseldorf ausführt, ist für die Geltendmachung einer Nutzungsausfallentschädigung oftmals eine Fotografie mit Zeitbezug ausreichend, für den Nachweis einer fachgerechten Instandsetzung kann es im Einzelfall jedoch zu wenig sein.

Keine Wartepflicht des Geschädigten auf Restwertangebot des Versicherers

AG Limburg, Urteil vom 23.04.2015, AZ: 4 C 1277/14 (17)

Hintergrund
Die Parteien streiten über restliche Schadenersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall. Der vom Kläger beauftragte Sachverständige ermittelte in seinem Gutachten einen Wiederbeschaffungswert von 22.000,00 € und einen Restwert von 10.500,00 €. Tatsächlich konnte der Kläger sein Fahrzeug jedoch zu einem Restwert von 12.000,00 € veräußern, den er vorliegend auch anrechnet.

Nachdem der Kläger sein Fahrzeug veräußert hatte, wurde ihm von der Beklagten ein Restwertangebot in Höhe von 14.600,00 € übermittelt. Der höhere Restwert wurde von der Beklagten bei der Abrechnung zugrunde gelegt. Sie ist der Auffassung, der Kläger müsse sich an das zeitlich spätere, gleichwohl höhere Restwertangebot festhalten lassen.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte vollumfänglich Erfolg.

Aussage

Das AG Limburg führt in seinen Entscheidungsgründen aus, dass der Kläger sein Fahrzeug zu dem genannten Preis veräußern durfte. Der Geschädigte darf das Unfallfahrzeug grundsätzlich zu dem vom Sachverständigen angegebenen Restwert veräußern, ohne es zuvor dem Haftpflichtversicherer anzubieten oder abwarten zu müssen, bis dieser eine eigene Schätzung vornimmt.

Der Geschädigte braucht den Versicherer des Schädigers auch nicht vorab von der beabsichtigten Veräußerung zu informieren, um diesem Gelegenheit zu geben, ein etwaiges Restwertangebot abzugeben oder auf ein solches zu Angebot zu warten.

Eine vorherige Pflicht zur Vorlage des Restwertgutachtens gegenüber dem Schädiger oder gar eine entsprechende Wartepflicht nimmt das Gericht nicht an, da dies zum einen den vom BGH aufgestellten Grundsätzen widerspricht und darüber hinaus zu einer Verzögerung der Schadenregulierung führt (vgl. BGH vom 23.11.2010, AZ: VI ZR 35/10).

Der Klage wurde daher stattgegeben.

Praxis

Das AG Limburg schließt sich der Rechtsprechung des BGH an und sieht keinen Anspruch der Versicherung darauf, dass der Geschädigte mit der Veräußerung des Fahrzeugs zu dem ordnungsgemäß im Gutachten ermittelten Restwert so lange wartet, bis die Versicherung ein eigenes Restwertangebot unterbreitet hat (vgl. BGH vom 23.11.2010, AZ: VI ZR 35/10). Dies würde die Dispositionsbefugnis des Geschädigten in unzulässiger Weise einschränken.

Der Geschädigte soll „Herr des Restitutionsgeschehens“ bleiben und darf daher selbst bestimmen, wie er mit der beschädigten Sache verfährt. Der Geschädigte hat ein berechtigtes Interesse daran, seinen Schaden so schnell wie möglich zu regulieren.

Beweislast bei einem Waschstraßenschaden

Hintergrund

Der Kläger macht gegen den Beklagten (Betreiber einer Waschanlage) Schadenersatzansprüche wegen eines „Waschstraßenunfalls“ geltend. Bei der Benutzung der Waschstraße des Beklagten ist am Fahrzeug des Klägers im linken Bereich ein Schaden eingetreten, wobei der Kläger der Ansicht ist, dies sei auf die fehlerhafte Waschanlageneinrichtung des Beklagten zurückzuführen. Durch diesen Fehler sei das Fahrzeug aus der Spur der Waschstraße gezogen worden. Beim Befahren der Waschstraße befand sich der Kläger in seinem Fahrzeug.

Der Beklagte bestreitet die Verursachung des Schadens durch einen Fehler der Waschstraße.

Aussage

Das AG Koblenz entschied, dass dem Kläger keine Ansprüche zustehen. Das Gericht hat bezüglich der Verursachung des Schadens am Fahrzeug des Klägers ein Sachverständigengutachten eingeholt. Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass es unwahrscheinlich sei, dass ein Fehler beim Betrieb der Waschstraße zu den Schäden am Klägerfahrzeug geführt habe.

Vielmehr sei die am Klägerfahrzeug eingetretene Beschädigung entweder darauf zurückzuführen, dass dieser während des Durchfahrens der Waschstraße gelenkt habe oder am Fahrzeug eine fehlerhafte Achsgeometrie oder unterschiedliche Luftdruckparameter vorhanden waren.

Das Gericht führte aus, dass in dem Fall, in dem sich der Fahrzeugführer zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens in seinem Fahrzeug befindet, diesem die Beweislast dafür obliegt, dass der von ihm geltend gemachte Fahrzeugschaden kausal durch ein Fehler der Waschstraße eingetreten ist.

Diesen Beweis konnte der Kläger nicht erbringen, sodass das AG Koblenz die Klage abgewiesen hat.

Praxis

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass dem Betreiber einer vollautomatischen Waschanlage der Entlastungsbeweis bezüglich während des Waschvorganges entstandener Lackschäden obliegt. Er muss gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB darlegen und beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft.

Anders verhält es sich jedoch in dem Fall, in dem der Fahrzeugführer während des Waschvorganges sein Fahrzeug nicht verlässt. In einem solchen Fall liegt nach Ansicht des AG Koblenz (ebenso das LG Berlin, Urteil vom 04.07.2011, AZ.: 51 S 27/11) die Beweislast dafür, dass der entstandene Schaden kausal durch einen Fehler der Waschanlage eingetreten ist, beim Benutzer der Waschanlage.

Bagatellschadengrenze liegt bei 700,00 €

AG Gießen, Urteil vom 02.09.2014, AZ: 43 C 272/14

Hintergrund

Der Kläger hatte ein Sachverständigengutachten erstellt und eine Schadenhöhe von 958,06 € netto ermittelt. Die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung lehnte die Erstattung der in Höhe von 368,90 € berechneten Sachverständigenkosten mit der Begründung ab, es handele sich um einen Bagatellschaden.

Das AG Gießen gab der Klage auf Zahlung der Sachverständigengebühren vollumfänglich statt.

Aussage

Das Gericht führt in seinen Entscheidungsgründen aus, dass die zur Feststellung der Schadenhöhe entstehenden Sachverständigenkosten regelmäßig im Rahmen des erforderlichen Herstellungsaufwandes zu erstatten sind.

Da die Schadenhöhe den Betrag von 700,00 € übersteigt, kann nicht von einem Bagatellschaden ausgegangen werden. Im Rahmen der Begutachtung wurde festgestellt, dass das Fahrzeug des Geschädigten durch den Heckanstoß auch einen von außen nicht erkennbaren Schaden an einem der Träger erlitten hat, sodass auch vor diesem Hintergrund die Schadenfeststellung durch einen Sachverständigen gerechtfertigt war.

Das Gericht hielt die abgerechneten Kosten auch für angemessen und gab der Klage daher vollumfänglich statt.

Praxis

Das AG Gießen zieht die Bagatellschadengrenze gemäß der BGH-Rechtsprechung bei 700,00 € und berücksichtigt weitere Umstände – wie einen vorliegenden verdeckten Schaden, der im Rahmen der Begutachtung festgestellt werden konnte.

BVSK-Pressemitteilung: Resolution zu Kriterien einer Karosserie-Eingangsvermessung zur Schadendiagnose

Deutsche Kommission für Lack und Karosserieinstandsetzung

Die Deutsche Kommission für Lack und Karosserieinstandsetzung, in der der BVSK seit vielen Jahren sehr aktiv mitwirkt, hat sich nicht zuletzt auf Initiative des BVSK mit der Thematik Karosserieeingangsvermessung im Rahmen der Schadendiagnose befasst.

Der BVSK geht davon aus, dass in Zukunft in sehr vielen Fällen eine Karosserievermessung bereits als Bestandteil der Schadenfeststellung zwingend geboten ist.

Wir verweisen insoweit auch auf die Aktivitäten des BVSK gemeinsam mit der Fa. Car-O-Liner, um die Sachverständigen des BVSK überhaupt in die Lage zu versetzen, dieses Thema sach- und fachgerecht zu beherrschen.

Nunmehr hat sich auch die Deutsche Kommission für Lack und Karosserieinstandsetzung, die bekanntlich beim AZT in Ismaning angesiedelt ist, mit der Frage befasst und in ganz wesentlichen Punkten die Überlegungen des BVSK übernommen.

Zweifelsfrei werden hier neue Herausforderungen an Kfz-Sachverständige aufgestellt, die aber gleichzeitig deutlich machen, dass nur der qualifizierte Sachverständige in der Lage ist, bei immer komplexer werdenden Fahrzeugen Schadengutachten zu erstellen.

Ausdrücklich dürfen wir darauf hinweisen, dass es bei dieser Thematik nicht darum geht, dass lediglich in die Reparaturkalkulation eine Vermessung einfließt, sondern die Vermessung Voraussetzung zur Feststellung des Schadenbeseitigungsaufwandes ist.

Gerade vor dem Hintergrund, dass etwa 40 % aller Unfallschäden fiktiv abgerechnet werden, ist eine Verlagerung der letztlichen Reparaturkostenermittlung in die Werkstatt nicht möglich.

Hier finden Sie die komplette Resolution.

 

Eine Pressemitteilung des:

BVSK e.V.

Haftung des Betreibers einer Kfz-Waschanlage für Schäden am Fahrzeug

AG Berlin-Charlottenburg, Urteil vom 03.03.2014, AZ: 237 C 288/13

Hintergrund

Der Kläger – von Beruf Kfz-Sachverständiger – ist Eigentümer eines Mercedes G 500. Der Kläger suchte mit seinem Fahrzeug eine Portalwaschanlage auf, die im Selbstbedienungsmodus betrieben wird. Dabei fährt der Nutzer das Fahrzeug in die Waschanlage und kauft an der Kasse der Tankstelle die Wäsche. Er erhält einen Code, mit dem er den Waschvorgang aktiviert. An dem für die Codeeingabe vorgesehenen Automaten und auf den in der Tankstellengeschäftsräumen ausgehängten AGB wird darauf hingewiesen, dass der Kunde verpflichtet ist, auf ihm bekannte Umstände hinzuweisen, die zu einer Beschädigung des Fahrzeugs oder der Anlage führen könnten.

Das Fahrzeug des Klägers ist mit einer Höhe von 2 m deutlich höher als andere Fahrzeuge und hat ein an der Hecktür montiertes Reserverad mit entsprechender Abdeckung. Bei dem Waschvorgang blieb die horizontal verlaufende Waschbürste an dem Reserverad hängen, hob das Fahrzeug an und verursachte eine Delle in der Reserveradabdeckung. Weiterhin beklagte der Kläger eine Verformung an der Hecktüraufhängung, die durch das Anheben des Fahrzeugs erfolgt sein sollte.

Der Kläger begehrte den Ersatz der Reparatur- und Sachverständigenkosten.

Aussage

Das AG Berlin-Charlottenburg sah aufgrund der angebrachten Hinweise des Waschanlagenbetreibers, dass der Nutzer auf ihm bekannte Umstände, die zu einer Beschädigung des Fahrzeugs oder der Anlage führen könnten, hinzuweisen hat, sowie aufgrund der besonderen Sachkenntnis des Klägers als Kfz-Sachverständiger keine Pflichtverletzung des Beklagten, sodass es die Klage abwies. Es führt weiterhin aus:

„Ohne die Ausstattung des Fahrzeugs mit einem Reserverad an der Hecktür in dieser Höhe wäre es nach Überzeugung des Gerichts zu keinerlei Schaden gekommen (§ 286 Abs. 1 ZPO). Für den Schaden ist deshalb der Kläger selbst verantwortlich. Aus den als Anlagen B1 und B2 eingereichten Fotos lässt sich nämlich ersehen, dass optisch sichtbar Bedienungshinweise am Eingang der Waschanlage standen und dass die Kunden auch darauf aufmerksam gemacht werden, dass sie sich mit der Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Beklagten einverstanden erklären, die im Kassenbereich und am Bedienungsautomaten der Anlage aushingen. Nach Nr. 2 dieser AGB wäre der Kläger verpflichtet gewesen, vor der Benutzung der Anlage auf alle ihm bekannten Umstände hinzuweisen, die zu einer Beschädigung des Fahrzeugs oder der Waschanlage führen konnten. Dabei war dem Kläger nach seiner eigenen Aussage im Verhandlungstermin bewusst, dass er die Anlage mit einem besonders hohen, nämlich 2m hohen Fahrzeug benutzen wollte und dass es wegen der Höhe des Fahrzeugs in Waschanlagen zu Problemen kommen könnte. Außerdem musste ihm, gerade auch aufgrund seines Berufs als Kfz-Sachverständiger, klar sein, dass jegliche außen an einem Fahrzeug angebrachte besondere Ausstattung wegen des vollautomatischen Betriebs der PortalwaschanIage, die auf Standardfahrzeuge – also nicht auf besonders hohe Fahrzeuge – eingestellt ist, wegen der rotierenden Borsten zu Schäden führen könnte. Er wäre deshalb vor dem Waschvorgang gehalten gewesen, die Mitarbeiterin des Beklagten, … , auf die besondere Höhe des zu waschenden Fahrzeugs und seine besondere Ausstattung mit einem an der Hecktür (hoch) angebrachten Reserverad hinzuweisen. Dies hat der Kläger offensichtlich unterlassen.“

 Praxis

Das AG Berlin-Charlottenburg stellte noch einmal deutlich heraus, dass der Betreiber einer Portalwaschanlage nicht verpflichtet ist, die Anlage auf sämtliche, gegebenenfalls auch serienmäßig ab Werk erstellte Fahrzeugsondergestaltungen oder Sonderausstattungen auszurichten. Auch ist er nicht verpflichtet, den Waschbetrieb durch Bereitstellung von Personal lückenlos zu überwachen.

Der Betreiber genügt seiner Verkehrssicherungspflicht, wenn er – wie die Beklagte in dieser Entscheidung – ausreichend erkennbar darauf hinweist, dass der Kunde den Betreiber auf derartige Besonderheiten hinzuweisen hat.

Keine Verweisung bei Nachweis regelmäßiger Wartung in markengebundenen Vertragswerkstätten

AG Frankfurt/ Main, Urteil vom 30.10.2014, AZ: 31 C 2574/14 (10)

Hintergrund

Die Parteien streiten u.a. noch um restliche Reparaturkosten. Die Beklagte hatte nicht die im Schadengutachten kalkulierten Netto-Reparaturkosten reguliert, da sie der Auffassung ist, den Kläger auf eine günstigere, freie Fachwerkstatt verweisen zu können. Auch UPE-Aufschläge wurden von der Beklagten gekürzt.

Das Fahrzeug des Klägers war ein VW Polo, der im Unfallzeitpunkt bereits 14 Jahre alt war und einen Kilometerstand von ca. 144.000 km aufwies. Der Kläger konnte durch Vorlage des Serviceheftes nachweisen, dass die Wartung des Fahrzeugs stets durch Vertragswerkstätten vorgenommen wurde.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte vollumfänglich Erfolg.

Aussage

Das AG Frankfurt/ Main wies die Verweisung des Klägers auf eine freie Fachwerkstatt zurück, da diese für den Kläger im Sinne der Rechtsprechung des BGH unzumutbar ist.

Weiter lehnte es den Abzug der im Gutachten kalkulierten UPE-Aufschläge durch die Beklagte ab. UPE-Aufschläge gehören auch im Rahmen der fiktiven Schadenabrechnung zu den zu ersetzenden Kosten, wenn sie in den in Betracht kommenden Reparaturwerkstätten anfallen. Die Aufschläge waren voll zu erstatten, da es gerichtsbekannt ist, dass im Rhein-Main-Gebiet in VW-Vertragswerkstätten UPE-Aufschläge in kalkulierter Höhe anfallen.

Lediglich die merkantile Wertminderung von 100,00 € lehnte das Gericht ab. Dabei wurde nicht verkannt, dass es wegen der verbesserten Fahrzeughaltbarkeit keine starren Grenzen hinsichtlich Fahrzeugalter und Laufleistung mehr geben kann. Hier wies das streitgegenständliche Fahrzeug jedoch bereits verschiedene Vorschäden und nicht reparierte Altschäden auf, weshalb der streitgegenständliche Blechschaden in Form der bloßen Erneuerung der Stoßfängerabdeckung in der Gesamtschau keine Vertiefung eines bereits zuvor bestehenden merkantilen Minderwertes zur Folge hatte.

Praxis

Das AG Frankfurt/ Main folgt den vom BGH aufgestellten Kriterien zur Unzumutbarkeit einer Verweisung bei nachweislich regelmäßiger Wartung in markengebundenen Fachwerkstätten.

Erstattung der Umsatzsteuer einer Ersatzbeschaffung im Rahmen einer Reparaturschadenabwicklung

OLG Köln, Urteil vom 07.05.2014, AZ: I-16 U 171/13

Hintergrund

Im Rahmen einer Haftpflichtschadenabwicklung, bei der kein Totalschaden eingetreten war, entschied sich der Geschädigte, die Reparaturkosten fiktiv abzurechnen. Nach Ablauf von sechs Monaten veräußerte er das Fahrzeug unrepariert und erwarb ein neues Fahrzeug. Die hierbei angefallene Umsatzsteuer verlangte er nunmehr von der Haftpflichtversicherung erstattet.

Aussage

Das OLG Köln trennt hier deutlich zwischen einer Reparaturkosten- und einer Totalschadenabrechnung und spricht dem Geschädigten eindeutig die Umsatzsteuer der Ersatzbeschaffung in dem Umfang zu, wie sie in den gutachterlich ermittelten Reparaturkosten enthalten ist:

„Der Kläger kann auch die Reparaturkosten nach Gutachten mit der Mehrwertsteuer einer (unwirtschaftlichen) Ersatzbeschaffung kombinieren. Das entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH Urt. v. 5.2.2013 – VI ZR 363/11, zit. nach juris) und auch dem Willen des Gesetzgebers (BT-DrS 14/7752 S. 24). Die Ersatzbeschaffung ist ebenfalls eine Maßnahme der Schadensbeseitigung, wenn auch im vorliegenden Fall eine unwirtschaftliche. Die Mehrwertsteuer ist daher auf den Betrag beschränkt, der bei der wirtschaftlichen Reparatur angefallen wäre. Der Gesetzgeber wollte den Geschädigten aber durch § 249 Abs. 2 S. 2 BGB nicht daran hindern, den unwirtschaftlichen Weg der Schadensbeseitigung zu wählen, solange er nur die Kosten für die wirtschaftlich gebotene Wiederherstellung verlangt. Dabei kann er aber – wenn die Umsatzsteuer tatsächlich angefallen ist – diese bis zu dem wirtschaftlich erforderlichen Betrag verlangen.

Diese Grundsätze gelten gerade dann, wenn der Kläger – wie inzwischen zwischen den Parteien unstreitig – sein Fahrzeug unrepariert veräußert (BGH Urt. v. 5.2.2013 – V ZR 363/11, zit. nach juris).

Der Kläger muss sich den Erlös für das unrepariert veräußerte Fahrzeug nicht anrechnen lassen. Der Wiederbeschaffungswert ist lediglich bei einer Abrechnung auf Totalschadensbasis abzuziehen. Der Kläger rechnet aber auf Reparaturkostenbasis ab. Diese Abrechnung verstößt auch nicht gegen das schadensrechtliche Bereicherungsverbot. Ein wirtschaftlicher Totalschaden liegt erkennbar nicht vor.“

Praxis

Der Geschädigte kann als Herr des Restitutionsgeschehens entscheiden, wie er die Schadensbeseitigung vornehmen möchte. Er kann daher auch anstelle der Reparatur eine Ersatzbeschaffung vorzunehmen. Dabei kann er die in den gutachterlich ermittelten Reparaturkosten enthaltene Umsatzsteuer verlangen, soweit bei dem Kauf der Ersatzbeschaffung diese real angefallen ist. Im Rahmen des Reparaturschadens muss er sich auch nicht den Erlös des veräußerten Fahrzeugs anrechnen lassen.

Restwertangebot der Versicherung muss nicht abgewartet werden

AG Kulmbach, Urteil vom 08.05.2014, AZ: 70 C 678/13

Hintergrund
Die Klägerin erlitt am 14.06.2013 einen unverschuldeten Verkehrsunfall und beauftragte einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Schadengutachtens. Sie rechnete den Schaden aufgrund des Gutachtens vom 18.06.2013 auf Totalschadenbasis (Wiederbeschaffungswert: 7.350,00 € abzüglich Restwert: 2.500,00 € entspricht Wiederbeschaffungsaufwand: 4.850,00 €) ab und verkaufte am 20.06.2013 ihr Unfallfahrzeug zum höchsten der drei durch den Sachverständigen ermittelten Restwertangebote (2.500,00 €) an einen örtlichen Mazda-Händler, bei dem sie auch ein Ersatzfahrzeug erwarb.

Mit Schreiben vom 27.06.2013 übermittelte die beklagte Haftpflichtversicherung des Unfallgegners der Klägerin ein Restwertangebot in Höhe von 3.300,00 € und rechnete den Schaden auf Grundlage dieses Angebotes ab (Wiederbeschaffungswert: 7.350,00 € abzüglich Restwert: 3.300,00 € entspricht Wiederbeschaffungsaufwand: 4.050,00 €).

Die Differenz in Höhe von 800,00 € machte die Klägerin u.a. erfolgreich gerichtlich geltend.

Aussage
Das AG Kulmbach ging auf die Frage, ob die Geschädigte ein Restwertangebot der Versicherung abwarten oder gar abfragen müsse, gar nicht erst im Detail ein. Das AG verweist auf die insoweit ausreichend deutliche BGH-Rechtsprechung, wonach ein Geschädigter sich auf drei am regionalen allgemeinen Markt eingeholte Angebote verlassen darf. Eine eventuelle Wartepflicht auf Angebote der Versicherung lässt sich dieser BGH-Rechtsprechung beim besten Willen nicht entnehmen. Sie würde der Wertung des BGH klar widersprechen.

Das AG Kulmbach führt aus:

„Der Wiederbeschaffungsaufwand errechnet sich hier unter Zugrundelegung des im Gutachten des Sachverständigen XXX vom 18.06.2013 ermittelten Wiederbeschaffungswertes (differenzbesteuert) in Höhe von 7.350,- EUR abzüglich des in dem Gutachten aufgeführten Restwertes mit Mehrwertsteuer in Höhe von 2.500,- EUR, mithin auf den klägerseits in Ansatz gebrachten Betrag von 4.850,- EUR.

Im Bereich der Rechtsprechung zur Restwertproblematik ist der Kreis der für den Geschädigten relevanten, zu berücksichtigenden Restwertaufkäufer eingeschränkt. Bei der Ermittlung des für den Geschädigten relevanten Restwertes stellte der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 12.07.2005, AZ: VI ZR 132/04 auf den regionalen allgemeinen Markt ab.

Maßgeblich ist ein Restwert, den der Geschädigte bei einem Kfz-Betrieb seines Vertrauens in seiner Region bzw. bei einem angesehenen Gebrauchtwagenhändler erhalten würde.

Die Eingrenzung der für den Geschädigten maßgeblichen Restwerte bestätigt der Bundesgerichtshof zuletzt in seiner Entscheidung vom 13.10.2009, AZ: VI ZR 318/08. Der Sachverständige hat den maßgeblichen Restwert aus der Sicht des Geschädigten am regionalen allgemeinen Markt zu ermitteln.

Diesen Anforderungen hat das vorgelegte Gutachten vom 18.06.2013 genügt.

Auf Seite 9 und 10 des Gutachtens sind Restwertangebote aufgeführt des Autohauses XXX: 2.500,- EUR, des Autohauses XXX: 2.450,- EUR sowie des Autohandel XXX: 2.210,- EUR.

Im Urteil vom 13.01.2009, AZ: VI ZR 205/08 führt der Bundesgerichtshof im Zusammenhang mit der Restwertproblematik aus, dass der Geschädigte sich nicht auf Angebote von Sondermärkten, etwa durch Einschaltung spezialisierter Restwertaufkäufer über das Internet, verweisen lassen muss.

Die Klägerin durfte, da im Schadensgutachten des Sachverständigen XXX der Restwert auch korrekt unter Erholung von drei Restwertangeboten auf dem regionalen Markt ermittelt worden ist, ohne sich vorher mit der Beklagten verständigen zu müssen, zu dem höchstbietenden Restwert laut Gutachten verkaufen.

Die Klägerin war als Geschädigte Herrin des Restitutionsgeschehens. Sie darf damit grundsätzlich selbst bestimmen, wie sie mit der beschädigten Sache verfährt.

Die Klägerin hat dem „Gebot der Wirtschaftlichkeit“ Genüge getan, indem sie ihr beschädigtes Fahrzeug zu dem höchsten im Gutachten aufgeführten Preis veräußert hat.
(AG Kulmbach, Urteil vom 08. Mai 2014 – 70 C 678/13 –, Rn. 50, juris).“

Praxis
Das AG Kulmbach schließt sich der überwiegend herrschenden Rechtsprechung an, dass der Geschädigte nicht verpflichtet ist, ein Restwertangebot der Versicherung abzuwarten. Er ist berechtigt, sofern ihm keine höheren Restwertangebote bekannt sind bzw. aus seinem Wissen heraus die mitgeteilten Restwertangebote als zweifelhaft erkennbar sind, eine Veräußerung sofort vorzunehmen.

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